Stolzer können wir nicht sein. Im Rahmen des Festaktes zum Bürgerschaftlichen Engagement der Stadt Freiburg wird uns der AOK Gesundheitspreis überreicht. Vor 400 Gästen, darunter MdB Chantal Kopf, OB Martin Horn, SC Freiburg Präsident Eberhard Fugmann und vielen weiteren Persönlichkeiten nutzte Carsten die Chance, das Wort an die Anwesenden zu richten.

Seine Rede zum Nachlesen im Wortlaut:

„Lieber Herr Oberbürgermeister Horn, liebes Organisationsteam, liebe anwesende Institutionen und Vereine, 

ein Ehrenamt inne zu haben ist immer eine Herzensangelegenheit. Und wie im Falle von Jung und Krebs ist die Organisation des Vereins und der verschiedenen Selbsthilfegruppen ein Engagement von und für betroffene junge Erwachsene mit und nach Krebs. Entstanden aus dem einfachen Bedürfnis nach Austausch, Rückhalt in der Gemeinschaft und Verständnis. Nach meinen damaligen Bedürfnissen im Jahre 2014, nachdem gerade meine dritte Lungenmetastase entfernt wurde. 

Dieser damalige Funke wurde im Laufe der letzten acht Jahre von vielen Engagierten weitergetragen, ohne deren Ideen und Einsatz wir heute nicht hier stehen würden. 

Daher gilt mein erster Dank meinen beiden Vorstandskolleginnen, die sich seit Jahren in ihrer Freizeit für das Wohl anderer einsetzen. Das Schwierigste dabei ist es wahrscheinlich, mich auszuhalten. 

Darüber hinaus sitzen hier heute weitere Menschen, die sich ebenfalls im Rahmen der Selbsthilfe oder in anderen Projekten bei Jung und Krebs engagieren, denen ich ebenfalls danken möchte. Ihr seid klasse!

Doch das Engagement für an Krebs erkrankte Menschen ist nicht immer einfach. Es ist ja nicht so, dass man sich Dinge überlegt, um die Versorgung zu verbessern oder einmal im Monat ein Selbsthilfetreffen für 2 h hat, man danach nach Hause geht und alles Friede Freude Eierkuchen ist. Der Austausch und das Erlebte wirkt nach, arbeitet in uns und macht uns auch oft müde. Es handelt sich immer noch um Krebs. 

Niemand von uns kann beeinflussen, wann die Zeit gekommen, zu gehen. Das zu akzeptieren ist schwer. Immer und immer wieder. Um so mehr sind wir motiviert, die uns gegebene Zeit für Betroffene und Familien mit Leben zu füllen. Mit Glücksmomenten. Denn was hilft den Betroffenen denn mehr als zu sehen, wofür es sich lohnt, anstrengende Therapien, Schmerzen und Leid durchzustehen? Dieses Lächeln in den Augen zu sehen, wenn wir Wünsche erfüllen oder in der Gemeinschaft tolle Momente schaffen, ist eigentlich Dank genug für unser Engagement. 

Das Wichtigste für uns heute hier Abend ist nicht dieser Scheck oder der Preis. 

Für uns ist diese Würdigung Ausdruck davon, dass unser aller Engagement in der Gesellschaft ankommt und gesehen wird. Und unabdingbar ist. Denn unser gesellschaftliches Miteinander baut sich auf Solidarität auf. 

Diejenigen, die Kraft haben, teilen diese mit denen, die Kraft benötigen. Ein ganz einfaches Prinzip. 

Und daher danke ich allen Beteiligten und der Stadt Freiburg, dass dem Bürgerschaftlichen Engagement in unserer (Wahl)Heimatstadt so ein großer Stellenwert zugeschrieben wird. 

Nichtsdestotrotz ist Krebs in unserer Gesellschaft weiterhin ein großes Tabu. Ich erinner mich an Zeiten, da haben Menschen, als ich mit Glatze und cortisonaufgeschwämmt auf der Kajo rumgelaufen bin, die Straßenseite gewechselt. Oder ein Satz eines Arztes, der mich mein Leben lang begleiten wird:

“Herr Witte, wenn das ein bösartiger Tumor ist, können Sie sich von Ihrem Arm verabschieden!”

Solange solche Dinge passieren, haben wir genug Arbeit.

Und wir müssen uns alle an einen Tisch setzen, um dies zu ändern. 

Mit Aufklärungskampagnen.

Mit Gesprächen. 

Durch Zuhören. Zuhören, ohne auf die Uhr zu gucken!

Mit allen verfügbaren Mitteln, damit der Schrecken dieser Krankheit nicht noch zusätzlich die Isolation fördert.

Wir sind Menschen mit Gefühlen und Bedürfnissen. Und nicht nur eine Patientenidentifikationsziffer. 

Und wer weiß: Vielleicht ist die heutige Veranstaltung der Startschuss für ein noch sensibleres Miteinander in unserer Gesellschaft. Wir würden es uns wünschen.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!“